matthes hat geschrieben:In dem Moment, wo der eine sich über den anderen lustig macht, wird es als Beleidigung angenommen.
Ja, das stimmt. In diesem Punkt bin ich leider auch eher "alttestamentarisch" veranlagt (Auge um Auge, Zahn um Zahn). Da viele User diese Problematik nicht so sehen (zumindest solange sie selbst nicht betroffen sind), erscheine ich in deren Augen oft als Aggressor.
Sicher bin ich kein "Kind von Traurigkeit", wenn es darum geht, Zusammenhänge zur Verdeutlichung überspitzt darzustellen. Aber der Hintergrund ist allein die Verdeutlichung von Zusammenhängen. Das verstehen viele User nicht, bzw. ihre Gedankengänge laufen in eine weniger abstrahierende Richtung.
matthes hat geschrieben:Ich habe mal einen TV Bericht über Porsche Fahrer gesehen, bei der Jury wurden sämtliche Einzelteile genau unter die Lupe genommen, ob diese dem jeweiligen Baujahr zuzuordnen sind, wenn nicht ( also spätere Ersatzteile ) gab es deutlichen Punktabzug. Ich fand das ehrlich gesagt etwas kleinlich, dachte mir aber bei Leuten die einen Porsche fahren ( und Geld keine Rolle zu spielen scheint ) aber ein wesentliches Kriterium, um überhaupt unterschiedliche Bewertungen der vorgestellten Fahrzeuge zu erhalten. Ansonsten hätten die Fahrzeuge nämlich alle 100 Punkte erhalten und es hätte bei der Preisverleihung nur 1. Plätze gegeben.
Das Problem das ich in diesen Kreisen sehe ist, dass zwar oft das Baujahr des Teils begutachtet wird, aber eher selten der authentische Zustand. "Frisch lackiert" wird nicht selten als höherwertiger im Vergleich zu einem authentischen Teil mit Alterungsspuren angesehen. In diesem Moment ist es eher Interesse an einem Fetisch als Interesse an der Geschichte/geschichtlichen Entwicklung.
matthes hat geschrieben:Bei einem " runtergerittenem Opel " der mit viel persönlichem Engagement und meist nur begrenztem Geld wieder auf die Straße gelangt, mache ich da deutliche Abstriche. Allein die Lackierung ist meistens nicht mehr original ( 40 Jahre draussen parken machen sich halt bemerkbar ). Bei Porsche Eigentümern steht meistens auch eine Garage zur Verfügung.
Grade eine gealterte Lackierung finde ich (solange sie nicht substanzgefährdend ist) besonders attraktiv!
Opel hat in der Veränderung der Produktionsprozesse und deren Rückwirkung auf das Produkt selbst vermutlich einen bedeutend höheren Stellenwert als Porsche. Der materielle Wert eines Porsche war halt schon immer bedeutend höher als bei einem Opel. Allerdings sind auch die Ersatzteilkosten bedeutend höher!
Mich ärgern zwar die umgelegten Radläufe auch, wenn ich sie bemerke, als bedeutend fataler empfinde ich aber beispielsweise Überziebleche, die anstatt der originalen (wenn auch verrosteten) Radläufe (komplett ) eingesetzt wurden. Mit so einer Aktion kann man im Prinzip ein komplettes Seitenteil versauen, selbst wenn die Schweißung an sich handwerklich perfekt ist!
Ich freue mich zwar nicht immer zwangsläufig über jeden alten Opel den ich sehen. Aber über einen alten Opel, der mit über den Weg fährt und der sichtbar gealterten Lack hat, freue ich mich tierisch!
Auch Modifikationen, die zeittypisch sind, freuen mich. Ein authentisches und noch dichtes/funktionsfähiges Baumatkt-Glasdach in einem Wagen aus den Achtzigern finde ich wirklich genial! Wer sich das leisten konnte, hatte sowas in den Achtzigern zu (gefühlten) über 50 %!
Der Begriff/Charakter einer Ware als Zeitzeuge ist in meinen Augen eigentlich der wichtigste "Wesenszug", den ein Produkt haben kann. Dabei ist es egal, ob das ein fabrikgebäude aus der Gründerzeit, eine Dampflok aus den Dreißigern oder ein Auto aus den Sechzigern ist.
matthes hat geschrieben:Ein Opel ist halt ein Gebrauchsgegenstand, und jeder alte Opel ist heute um so wertvoller, weil die meisten Leute ihn nur als Nutzfahrzeug benutzt haben. Bei den Luxusmarken ist das anders. Ich freue mich über jeden alten Opel, auch wenn ich mit den Modifikationen nicht einverstanden bin.
Mich ärgern z. B. die Breitreifen, mit umgelegten Radhäusern an den klassischen Fahrzeugen. Das sind deutliche Eingriffe in die Karosserie, welche nicht mehr änderbar sind.
Grade der Charakter als Gebrauchsgegenstand macht ihn als Zeitzeugen umso interessanter. Denn genau diese Gebrauchsgegenstände sagen doch viel mehr über die gesellschaftliche Entwicklung (oder Stagnation) aus als Luxusgüte, die in eine abgelegene Garage gestellt und ein halbes Jahrhundert vergessen werden (es soll da jüngst gewisse Beispiele gegeben haben)!
Worüber wir grade reden, sind wirklich Themen die mich brennend interessieren und bei denen mich der Gedanken- und Meinungsaustausch wirklich brennend interessiert. Das sind die Themen, die ich in den letzten fünf Jahren Forum massiv vermisst habe. Freut mich, dass es jetzt thematisiert wird!
Schade ist nur was dem vorausgehen musste, bis der gedankliche Freiraum im Forum war, dass solche Themen angesprochen werden konnten!
Viele Grüße,
Thorsten
"Die herrschenden Eigenschaften der Menschen sind nicht jene, welche sie zur Schau tragen, sondern im Gegenteil jene, welche sie am liebsten verbergen" (Luc de Clapiers)
Ein Satz, der speziell bei Leitfiguren beachtet werden sollte!